Nacht und Nebel – Interpretation

Gleich zu Beginn des Films merken wir den perfekten Einsatz von Musik. Anstatt den Film mit Horrorelementen zu verbinden, wird hier eine fast fröhliche Atmosphäre geschaffen. Teils als Kontrast, teils aber auch, um den Schrecken überhaupt ertragbar zu machen. Man sieht die leeren Konzentratinslager, die einst als Lager für diverse Gefangene dienten. Alles wirkt ruhig und fast friedlich. Doch vor allem wirkt die Umgebung nahezu normal. Es waren ganz gewöhnliche Orte an denen das Unvorstellbare passierte. Orte wie es sie auch heute, 42 Jahre nach dem Ende der Zivilisation überall gibt. Nun sehen wir Aufnamen der Nazis. Der SS-Mann wird als Antagonist vorgestellt. Männer, die vor allem durch ihre Disziplin und Uniformität überzeugen wollten. Bezeichnenderweise wird das ganze als Maschinerie benannt. Maschinen, die großen und mächtigsten Artefakte unserer Ahnen. Doch ohne ein Herz. Der Film zeigt wie präzise die Vernichtungsmaschinerie geplant wurde. Die Opfer werden aufgelistet, bevor auch nur einer von ihnen weiß, dass er in diese Lager kommen soll. Man sieht Menschenmassen und kann nur erahnen, wie viele Menschen hiervon betroffen waren. Man sieht die Züge. Kalte mächtige Fahrzeuge, die nur in eine Richtung fahren und nicht von ihrem Weg abweichen. Die Menschen drinnen werden eingesperrt. Viele sterben gleich hier. Doch auch das gehört zum Plan. Die Struktur des Lagers wird erklärt. Der Kapo wird gezeigt. Ein Gefangener, der als Aufseher eingesetzt wird, um sich selbst die Arbeit zu erleichtern. Er wird mit Essen und Luxus gelockt und wird teil seiner eigenen Vernichtung. Dass die Toilette oder das Krankenhaus als Orte der Normalität beschrieben werden, sollen zeigen, wie abstrus der Rest des Lagers sein muss. Allgemein ist dies der Weg dieser Dokumentation. Anstatt das zu zeigen, was eigentlich grauenhaft ist, wird das gezeigt, das Ertragbar ist. Da auch hier Grauen zu spüren ist, entsteht das wahre Grauen erst in der Fantasie des Zuschauers. Zu jedem Zeitpunkt schwingt im Film ein bisschen Hoffnung mit. Man sieht die Schnitzereien der Insassen. Die Hoffnung wird auch auf den Zuschauer transportiert. Die Hoffnung darauf, dass so etwas nie wieder passiert. Nun steigert sich der Film langsam und immer schrecklichere Details werden enthüllt. Ãœber die Kranken mit aufgerissenen Augen, über die Listen der Insassen, die Gaskammern mit den zerkratzen Decken bis hin zu den Leichenhaufen, die nur noch durch Bagger transportiert werden konnten. Als letzte Konsequenz wird gezeigt, was die Toten hinterlassen haben. Allein um die Vorstellung zu erwecken, wie viele Tote es gegeben haben muss. Wie die Nazis diese Hinterlassenschaften genutzt haben, offenbart wie wenig sie diese noch als Menschen wahrgenommen haben. Sie waren einfache Objekte. Sie wurden zu Seife. Etwas mit dem man sich sauber gemacht hat. Jeder der diese Seife genutzt hat, lies es zu vom Tod dieser Menschen zu profitieren. Und genau dort endet nun in der Erzählung der Krieg und somit auch die Zeit dieser Lager. Doch statt einer Befreiung, bekommen wir die Botschaft des Films vermittelt. Der Krieg schlummert nur – jederzeit könnte er wieder zurückkehren. Da wir alle Menschen sind, ist all das auch in uns verborgen. Wir hätten der Kommandant, der SS-Mann oder der Kapo sein können. Genauso wie wir auch einer der unzähligen Leichen gewesen sein können. Man fragt sich: Wer ist Schuld? Sind es nur diejenigen die die Befehle gegeben haben? Sind es diejenigen, die sich nur ihrem Schicksal ergeben haben? Sind es diejenigen, die von einer Krankheit verblendet wurden? Oder sind es vielleicht diejenigen, die nicht hingeschaut haben? Diejenigen, die nicht wahrhaben wollten, dass auch im ganz Normalen das radikal Böse verborgen sein kann. Der Zuschauer wird direkt angesprochen. Wir sind es, die glauben, dass der Schrecken längst vorbei ist. Die Zivilisation unserer Ahnen ist untergegangen. Nicht durch diese Konzentrationslager, aber durch das selbe Denken das auch diese Tempel des Todes errichten lies. Und gerade an uns liegt es nun, zu verhindern, dass der Schrecken nicht zurückkehrt. Wir müssen nur schauen, was neben uns ist. Wir müssen nur die Schreie hören, die niemals verstummen werden. Nächste Woche werden wir uns die Frage stellen, wer Schuld ist. Nicht für die Konzentrationslager, sondern für den ganz gewöhnlichen Schrecken. Und wir werden erkennen, dass es doch die selbe Frage ist. We Need to Talk About Kevin.

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